Dass die Finnen zu Verrücktheiten neigen, ist ja an sich nichts neues. Übernachten im Glas-Iglu, in der Baumhütte oder eben in Eishotels. Arktische Erlebnisse. Ich habe das snowvillage in Lainio in Lappland besucht. Urlaub im Kühlschrank! 😉
Millionen Kilo Schnee
Zunächst habe ich mich gleich mal verfahren. Die Straßen dick verschneit, keine Markierungen, kaum mehr Straßenschilder. Als ich dieses Auto sah, dachte ich kurz, das wird doch nicht das Eishotel sein – drehte dann aber besser um. Hier ging es nun tatsächlich nicht weiter. Und fand schließlich das Eishotel, ohne selbst im Schnee abgesoffen zu sein.
Die Empfangshalle des Hotels ist zum Glück noch gut geheizt. Eine der wenigen Räume, die nicht aus Eis bestehen. Dort lerne ich Markus kennen, der dort schon seit einigen Jahren arbeitet. Er erzählt, dass die Schneeproduktion schon Mitte Oktober beginnt. Dann wird über eine spezielle Luftballonkonstruktion mit einer Schneefräse Schnee aufgebracht. 20 Millionen Kilo Schnee und 350.000 Kilo kristallklares Eis werden dafür verbaut.
Das Wasser dafür kommt aus dem angrenzenden Fluss. Wenn dann die Konstruktion stabil genug ist, wird die Luft aus den Ballons gelassen und schwups: steht da ein neues kleines Schloss aus Eis.
Verliebt in Lappland
Markus kommt aus Aalen und lebt seit 2008 in Finnland. Genauer gesagt in Lappland. Er hatte die Reise gewonnen. Ein einmaliger Aufenthalt hat gereicht, um ihn nachhaltig zu verzaubern. So nachhaltig, dass er eineinhalb Jahre später ganz in den Norden auswanderte.
Mittlerweile ist er mit einer Samin verheiratet und hat zwei kleine Kinder.: Maria und Samu. Er arbeitet für das snowvillage in Lainio, das Eishotel in Kittilä, ganz in der Nähe des großen Skiressorts Ylläs.
15 mal wurde es bereits aufgebaut. Und 15 mal ist es wieder weg geschmolzen.
Das allererste hatte nur sechs Zimmer und nur einen einzigen Übernachtungsgast. Aber die Betreiber ließen sich nicht ermutigen. Mittlerweile läuft das Geschäft gut, auch dank der Besucher. „An guten Tagen besichtigen 500 Menschen unser Eishotel,“ sagt Markus, der auch für Marketing und Führungen zuständig ist.
Urlaub im Kühlschrank
Richtig cool übernachten kann man hier. Geschlafen wird bei Raumtemperaturen zwischen null und minus fünf Grad. Das Schlafzimmer heizt sich während der Nacht bis auf null Grad auf, erklärt Markus und fügt lachend hinzu: „Man bekommt natürlich einen warmen Schlafsack. Und dann Schianzug aus und nur mit der Thermounterwäsche in den Schlafsack kriechen!“
Sollte es dennoch mal vorkommen, dass einem zu kalt ist, gibt es einen „Fluchtraum“. Da gibt es neben Duschen auch eine Küche, in der man sich warmen Tee machen kann, und warme richtige Betten mit richtigen Matratzen.
Eisige Erfahrungen
Mich fröstelt allein beim Gedanken an die eisigen Betten. Zum Glück will ich das Eishotel nur mit der Kamera erforschen. Eine eigentümliche Kälte geht von den Wänden aus. Eine stille, ruhige Kühle, eingesperrt in Tonnen aus Eis. Heute ist nicht viel los und ich kann in Ruhe durch die Zimmer spazieren. Türen gibt es nicht, nur Stoff- oder Fellvorhänge. Jedes Zimmer und jeder Gang hat sein eigenes Thema, seine eigene Stimmung.
Eis, wohin man auch schaut. Im Restaurant und an der Eisbar sitzt man auf Eisblöcken. Damit man nicht festfriert, gibts Rentierfelle als Unterlage. Auf den Gängen begegnet man Figuren aus der lappländischen Mythologie und geheimnisvollen Urwäldern mit allerlei Fabelwesen, die aus fernen Märchenländern stammen müssen und mit farbigem Licht stimmungsvoll in Szene gesetzt werden. Sogar eine eisglitzernde Kapelle zum Heiraten und ein Indoor-Kinderspielplatz finden sich da.
„Meistens kommen junge Paare, die für eine Nacht bleiben. Das Erlebnis, einmal im Eishotel zu schlafen, ist sicher der Hauptgrund,“ sagt Markus. Die Nacht kostet zwischen 230 und 360 Euro. Selbstverständlich findet sich auch eine Sauna!
Die Schnitzereien und Reliefs machen übrigens federführend zwei Brüder, Rami und Tomi Kurtako. Jedes Jahr werden aber zusätzlich Künstler aus der ganzen Welt eingeladen.
Eishotel – ein Hotel auf Zeit
An den Eishotels fasziniert mich am meisten die Liebe zum Detail, der Aufwand, der getrieben wird, und ihre Vergänglichkeit. Im Mai, spätestens im Juni, ist alles dahin. Eigenwillige Hotels auf Zeit. Jedes Jahr aufs Neue.
Bei den großen Gebäuden wird mit dem Bagger nachgeholfen. Die Einsturzgefahr sei einfach zu groß. Und das Wasser geht dahin, wo sie es geholt haben. In den Fluss.
Dann hat Markus den ganzen Sommer frei. „Naja, nicht frei. Meine Frau kommt aus einer Rentierzuchtfamilie, Also müssen wir im Sommer Heu machen und Moos sammeln. Aber wir können tatsächlich auch viel rumreisen in Finnland. Und einfach den Sommer genießen.“
Die Stille Lapplands
Am meisten fasziniert Markus jedoch die Stille in Lappland. „Man hat seine Ruhe. Keiner, der einen stört. Kein Nachbar, der einem sagt, was man nicht machen darf. Und vor allem: kein Verkehr. Ich werde schon verrückt, wenn ich in Rovaniemi an einer roten Ampel stehen muss.“ Markus lacht. Und genau das schätzt er auch an seinen Mitmenschen. „Die Finnen sind sehr sehr ruhig. Und die brauchen eine ganze Zeit, bis sie aufgeschlossen sind. Aber sie sind auch sehr gastfreundlich, hilfsbereit, manchmal auch starrköpfig, fügt er schmunzelnd hinzu. Das sei natürlich nur eine ganz grobe Beschreibung.
Für ihn ist und bleibt es der schönste Platz der Welt. Lappland. Er habe zwar auch mal in der Nähe von Helsinki gewohnt, aber ihn habe es wieder nach Lappland verschlagen. „Weil man hier einfach seine Freiheiten hat, die man woanders nicht hat.“ Er denkt nach und fügt noch hinzu: „Und man braucht keine Uhr.“
MEHR INFOS findest du hier: http://www.snowvillage.fi
Auf dem Heimweg begleitete mich dann der Mond – und brachte mich sicher nach Hause. 😉