Helsinki von oben ©Foto: Tarja Prüss | Tarjas Blog - Alles über Finnland

Lost in Helsinki

Obwohl es nur eine Sache ist, ein Ding, ein paar Habseligkeiten, ist es doch irgendwie so wie bei einem Wiedersehen mit einem alten Freund: Wenn man sich nach anstrengendem Flug mit weinenden Babys, überlauten Männerlachen und womöglich unangenehmen Gerüchen des Sitznachbarns über nichts mehr freut, als dass der eigene Koffer endlich um die Ecke trullert, noch eine letzte Bahn auf dem Gepäckband schwingt und dann endlich wieder in den eigenen Händen ist.

Schwarze, braune, graue, ja sogar lila, pinke und türkisfarbene Koffer ziehen an mir vorbei, dann kommt das Sperrgepäck – Eishockeyschläger oder Skier könnten da drin sein, denke ich mir – dann lange nichts. Dann erneut eine endlose Reihe kleiner und größerer Koffer, Hardwares, Softcases und dazwischen auch ein ganz altmodischer, hellbrauner Lederkoffer mit gürtelähnlichen Verschlüssen.

Mein Koffer kam nicht in Helsinki an. Gefühlte hundert Menschen oder mehr nahmen glücklich ihren Koffer vom Band und spazierten scheinbar zufrieden davon – in ein neues Abenteuer hinein, in ein gemütliches Hotel in der Hauptstadt oder einfach nur nach Hause.

Ich wartete. Und wartete. Stand am Schluss ganz allein da. Ohne Koffer. Dafür mit Fragezeichen auf der Stirn. Und leicht aufkeimender Sorge um mein Wohlbefinden für die nächsten Tage. Beim Infoschalter teilte man mir mit, dass mein Koffer schon weitergereist war Richtung Lappland. Mein gebuchter Flieger weiter Richtung Norden ging jedoch erst einen Tag später. Und alles, was ich für die Nacht und den nächsten Tag brauchte, war in diesem Koffer. Inklusive der Mitbringsel für meine Gastgeberin für diese Nacht.

Meine Laune sank auf den Nullpunkt.

Airport Helsinki: Finnair ©Foto: Tarja Prüss | Tarjas Blog - Alles über Finnland

 

Lost im Taxi

Noch weiter nach unten, in den gefährlichen Minusbereich, rutscht sie am nächsten Tag. Ungekämmt und ungewaschen ins Taxi, das gleich mal auf einem aus Fundsteinen errichteten Bordstein aufsetzt und hängenbleibt. Kein Vor und kein Zurück. Der Taxifahrer steigt aus und besieht sich den Schaden. Fährt dann mit voller Kraft rückwärts und bekommt sein Gefährt unter großem Knirschen von Metall wieder frei.

Jedoch nur, um an der nächsten Abbiegung wieder auf den Gehsteig zu fahren. Mangelnde Qualifikation? Gar keinen Führerschein? Lediglich Unaufmerksamkeit oder Drogeneinfluss – ich halte alles zusammen für denkbar. Immerhin komme ich pünktlich zum Flughafen, weil der stumme Taxifahrer jegliche Tempolimits missachtet und wie Kimi Räikkönen durch die Stadt brettert.

Auch am Flughafen flutscht es – logisch, ich reise ja fortan mit leichtem Gepäck.

 

Airport Helsinki: Abflugplan ©Foto: Tarja Prüss | Tarjas Blog - Alles über Finnland

Lost am Airport

Um mich wenigstens um ein paar Prozentpunkte besser zu fühlen, beschließe ich, mir ein paar Utensilien zur Körperfrische zu besorgen. Glücklich stehe ich in der Schlange – alle anderen mit Hochprozentigem in der Hand, ich mit Zahnpasta für ein besseres Gefühl am Morgen. Um dann von der freundlichen Kassiererin darüber informiert zu werden, dass sie mir Zahnbürste und Co leider nicht verkaufen kann, da ich ja nur einen Inlandsflug gebucht habe und deswegen in diesem (Duty Free ) Shop nichts kaufen könne.

Mein Morgen ist gelaufen.

Würde ich jetzt noch einen Kaffee kaufen, er würde mir vermutlich über die Bluse laufen, er würde zu Boden fallen, ich auf ihm ausrutschen … nicht auszudenken, was noch alles passieren könnte. Nein, nein, nein. Ich setze mich brav ans Gate, beiße die Zähne zusammen – was für mein Umfeld sicher besser ist – und warte auf den Abflug.

Ein Flug, der mehr an Busfahren erinnert, denn wir halten zwischendurch, bleiben brav sitzen und warten auf Zusteigende. Einige Passagiere steigen an der Haltestelle=Flughafen in Ivalo aus. Das Flugzeug steigt wieder in die Lüfte, um sogleich wieder in den Landeanflugmodus auf Kittilä zu wechseln.

Ich halte die Luft an, im doppelten Sinne. Wird mein Koffer da sein?

Wird er die logistische Herausforderung gemeistert haben? Wird er irgendwo in den kalten Katakomben des Flughafen Helsinki-Vantta die Nacht verbacht haben – ganz allein und einsam – oder zusammen mit anderen Koffern aus aller Herren Länder. Eingepfercht vielleicht zwischen einem glatt schwarz glänzenden Samsonite aus der Schweiz und einem ramponierten Travellerbag eines Bloggers aus Osteuropa.
Und hoffentlich ist er gut beschriftet und wird nicht in Ivalo ausversehen ausgeladen – zusammen mit all den anderen Koffern.

Bei meinen Erfahrungen in den vergangenen 18 Stunden halte ich so ziemlich alles für möglich.

Aber: es könnte ja auch schlimmer kommen.

 

…Fortsetzung folgt….

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