Das öffentliche und das versteckte Finnland - Buchtitelfoto: Kinderarbeit - Ausstellung im Kansallismuseo Helsinki.

Das versteckte Finnland

Was ist das versteckte Finnland?

The public and the hidden Finland – also das öffentliche und das versteckte Finnland – ist der Titel einer Ausstellung, die derzeit im Nationalmuseum in Helsinki zu sehen ist.

Schon der Titel weckt Fragen.

Das versteckte Finnland - Ausstellung im Kansallismuseo Helsinki.
The public and the hidden Finland.

Aus über 15 Millionen Fotos, die in finnischen Archiven liegen, wurden 100 Fotos ausgewählt, um ein möglichst facettenreiches Bild von Finnland und seiner hundertjährigen Geschichte zu zeichnen. Ein Bild, das nicht nur Freudenrufe hervorruft. Eine wohltuend kritische Auseinandersetzung mit der finnischen Geschichte. Mit möglichst ungetrübten Blick auch auf dunklere Kapitel der vergangenen Jahrzehnte.

DAS VERSTECKTE FINNLAND

Die Ausstellung in Helsinki, gemeinsam von Kansallismuseo und Museovirasto (Nationalmuseum und Nationale Antiquitätenamt) erstellt, zeigt ein widersprüchliches Bild von Finnland. Sie erzählt die Geschichte eines Landes der Gleichberechtigung, des Wohlstands und der Kooperation, bringt aber auch Licht in Ereignisse, die man vielleicht lieber vergessen oder sogar noch lieber gar nicht ans Licht holen möchte. Zeiten, die man verdrängt hat und am liebsten in einem tiefen dunklen Keller vor aller Augen verstecken würde.

Das versteckte Finnland: Faschistische Jugend Organisation 1930-er Jahre. Quelle: Kansallismuseum Helsinki.
Der neue Ton in Europa: Die faschistische Jugendorganisation Sinimustat. 1930 gegründet und 1936 aufgelöst. Original Foto: Valokuvaamo Sisä Suomi, Historische Geschichtssammlung.

Die Ausstellung, gemeinsam von Kansallismuseo und Museovirasto (Nationalmuseum und Nationale Antiquitätenamt) erstellt, zeigt ein widersprüchliches Bild von Finnland. Sie erzählt die Geschichte eines Landes der Gleichberechtigung, des Wohlstands und der Kooperation, bringt aber auch Licht in Ereignisse, die man vielleicht lieber vergessen oder sogar noch lieber gar nicht ans Licht holen möchte. Zeiten, die man verdrängt hat und am liebsten in einem tiefen dunklen Keller vor aller Augen verstecken würde.

Die Fotografien zeigen die Entwicklung der finnischen Gesellschaft anhand von sechs Themen: Bildung, Krieg, Rasse, Gleichheit und Demokratie, Beziehung zur Natur und soziale Phänomene. Jedes Thema erzeugt einen eigenständigen Blickwinkel auf die Zeit. Und zusammen erzählen sie eine vielstimmige Geschichte, die sowohl fröhliche Momente als auch weitgehend unerwähnte Ereignisse umfasst.

Werte und Weltbilder haben sich im Laufe der Zeit verändert, Ereignisse eine Bedeutungsveränderung erfahren. Manches erlangte im Nachhinein historische Bedeutung. Anderes wurde im Nachhinein in den Hintergrund geschoben.

Die Fotos sind von namhaften Fotografen wie U. A. Saarinen, Martin Brandt und Pekka Kyytinen, aber zum Teil auch aus privaten Beständen.

Das versteckte Finnland: Kinder bei der Essensverteilung - Helsinki 1942. Quelle: Kansallismuseum Helsinki.
Kinder stehen an zur Essensausteilung in Helsinki: Fotograf: F.E. Fremling. Original: Historische Fotosammlung.

VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG

Finnland kann in vielerlei Hinsicht stolz sein auf seine hundertjährige Geschichte. Aber die Ausstellung wirft auch Schlaglichter auf weniger angenehme Aspekte. Die Ausstellung legt den Finger ganz bewusst auch auf problematische und schmerzhafte Aspekte. Das versteckte Finnland wird sichtbar gemacht.

So erfährt man beispielsweise, dass in den 1950-er Jahren in Helsinki bei weitem nicht jedes Kind am Abend satt zu Bett gehen konnte. Hunger war noch lange nach dem Krieg ein Thema. Bilder von der öffentlichen Essensausgabe für Kinder in Helsinki.

Bilder von obdachlosen Familien in der Hauptstadt, ebenfalls aus den 50-er Jahren.

Das öffentliche und das versteckte Finnland - Buchtitelfoto: Kinderarbeit - Ausstellung im Kansallismuseo Helsinki.
Kinder säubern den Gehweg in der Saaristokatu in Raahe 1923. Fotograf: Samuli Paulanharju.

Es gibt Bilder von Kinderarbeit. Kleine Kinder in Raahe, die in den 1920-er Jahren die Randsteine reinigen mussten.

Der Besucher erfährt aber auch, dass Finnland 1943 das erste Land der Welt war, das ein Gesetz verabschiedete, das für jedes Kind ein kostenfreies Mittagessen in der Schule vorsah.

Das versteckte Finnland: Soldatengräber Finnland 1940-er Jahre. Quelle: Kansallismuseum Helsinki.
Deutsche und finnische Soldatengräber 1941 Fotograf: Pakka Kyytinen.

Im Winter- und im Fortsetzungskrieg verloren 11 Prozent der Gesamtbevölkerung ihr Zuhause. Am schlimmsten betroffen waren die Karelier: Mehr als 400.000 Menschen mussten ihre Heimat verlassen und woanders eine neue Bleibe finden. Einer dieser Heimatvertriebenen wird später im Kuvalehti Magazin (49/1948) zitiert: „Wenn ich das dritte Mal ein neues Zuhause bekomme, dann baue ich ein Haus auf Rädern. Dann muss ich nur die Leine ziehen und kann das Haus mitnehmen, falls eine weitere Evakuierung kommen sollte.“

Das versteckte Finnland: Flüchtlingstrecks aus Karelien 1944. Quelle: Kansallismuseum Helsinki.
Die Evakuierung Kareliens 1944: Flüchtlingstrecks. Original Foto: Ethnographische Fotosammlung.

DAS VERSTECKTE FINNLAND IN DER ZUKUNFT

Die Zukunft liegt im Dunkeln. Wie wird das heutige Finnland in hundert Jahren aussehen? Eine für die Ausstellung produzierte Videoinstallation zeigt Bilder von heute für die Museumsgäste der Zukunft. Ein Mitmachprojekt. So kann man einfach ein Foto auf Instagram posten mit dem Hashtag #Finland2117. Und schon wenige Sekunden später erscheint es auf der überdimensionalen Videowand am Eingang der Ausstellung.

Das versteckte Finnland - Buchtitelfoto: Kinderarbeit - Ausstellung im Kansallismuseo Helsinki. Videowand #Finland2117.
Videoinstallation #Finland2117.

Alle Aufnahmen stammen aus der Ausstellung „The public and the hidden Finland“ im Nationalmuseum in Helsinki. Fotografiert im November 2017 (Fotos: Tarja Prüss | Tarjas Blog)

Die Ausstellung ist noch bis 14. Januar zu sehen.

Kansallismuseo Helsinki. 
Mannerheimintie 34
00100 Helsinki

Öffnungszeiten: Di-So 11-18, Mi bis 20 Uhr

4 Kommentare zu „Das versteckte Finnland“

  1. Hei Tarja,

    die Ausstellung klingt total interessant und in meinen Augen ist ein kritischer Blick auf die „dunklen“ Kapitel in Finnland längst überfällig. Manchmal stößt man schon auf sehr interessante Ideen über diese Zeiten.
    Aber auch toll, dass solche Errungenschaften, wie beispielsweise das Schulmittagessen, das immer so sehr gelobt wird, im Kontext erklärt wird.

    Schade, dass die Ausstellung nicht noch ein wenig länger geht. Die hätte ich gerne gesehen.

    Kiitos, Tine

    1. Hei Tine,

      dann sehen wir das ja ganz ähnlich! Die Ausstellung ist wirklich beeindruckend. Auch die Zeit der studentischen Protestbewegung wird beleuchtet, die wie in Deutschland nötig war für eine Erneuerung. Oder Fototgrafien von „Hinter dn Kulissen“ der wichtigen politischen Ereignisse, die man dafür mal aus den Archiven gekramt hat.
      Ja, schade, dass sie nicht noch länger geht. Ich habe sie auch erst beim letzten Besuch entdeckt.

      Bis bald, tarja

  2. Lauter Dinge, die ich noch nicht wusste über Finnland. Auf deinem Blog erfährt man echt viel Neues. Danke! Robert

    1. Vielen Dank, Robert! Dann kann ich dir meinen Newsletter ans Herz legen. Einfach auf der Startseite ganz unten Email-Adresse eintragen und schon fertig. 🙂

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