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In der Stille des Nordlichts

„Mit unbewegtem Gesicht starrte ich auf die bis auf den Grund niedergebrannten, rauchenden Reste, die noch bis vor wenigen Stunden mein Elternhaus gewesen waren. Ein riesiger schwarzer Fleck in der weißen, sonst so friedlichen Schneelandschaft im hohen Norden von Finnland. Ohnmächtige Fassungslosigkeit lähmte mich … “ So beginnt der Roman „In der Stille des Nordlichts“ von Patricia Kay Parker. Die finnische Autorin beschreibt in ihrem Roman die skandinavische Natur und das Leben in der finnischen Abgeschiedenheit ungeschönt.  Protagonistin Noora muss sich durch das tiefste Tal ihres bisherigen Lebens kämpfen. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, passieren unheimliche Dinge, sodass der Roman in einen Thriller abdriftet.

Zum Buch

Nach einem Schock lässt Noora ihr Leben in der Großstadt, ihre beginnende Karriere als Ärztin und ihre Liebe zu Pia hinter sich. Sie kehrt in die Einsamkeit Lapplands zurück, in die Landschaft ihrer Kindheit. Anlass für diese Zäsur ist der Tod ihrer Eltern bei einem Brand der Rentierfarm. Die Farm ist bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Ihre Eltern sind darin umgekommen. Die Polizei hält es für ein Unglück. Noora versucht zu begreifen, was geschehen ist, mit der neuen Situation zurecht zu kommen und vor allem: zur Ruhe zu kommen und zu sich selbst zu finden. Beziehungen sind nicht wichtig in dieser Zeit, doch manchmal fragt sie sich, ob sie sich je wieder auf eine Liebe einlassen kann. Als Leser kann man regelrecht in ihrem Kopf spazieren gehen, wenn sie nach Ursachen, nach alten Lieben, früheren Gefühlen und Hoffnungen sucht.

Sie bricht alle Brücken ab und zieht von Helsinki zurück an ihrem Heimatort in Lappland. Sie will das Land, den Ort ihrer Kindheit nicht verlieren. Statt den Grund und die Rentiere zu verkaufen, baut sie eine Huskylodge auf und man erfährt als Leser viel darüber, wie Hunde im Rudel funktionieren. Doch zeitgleich passieren unheimliche Dinge. Zunehmend fühlt sie sich verfolgt. War der Tod der Eltern wirklich ein Unfall? Wer aus der Vergangenheit könnte es auf Noora abgesehen haben? Spätestens da legt man das Buch nicht mehr aus der Hand. Patricia Kay Parker schafft es, eine verwundete, zerrissene, zweifelnde Frau in allen Facetten darzustellen, die sich mutig und doch auch manchmal stolpernd ins Leben zurück kämpft.

Huskyschlittenausfahrt in Lappland, Finnland © Foto: Tarja Prüss
Huskyschlittenausfahrt in Lappland, Finnland © Foto: Tarja Prüss

Nora beschließt, am härtesten Schlittenhunderennen der Welt teilzunehmen. 1.200 Kilometer von Alta in Norwegen – durch die Finnmark bis Kirkenes und wieder zurück nach Alta. 14 Hunde begleiten jeweils den Schlitten.

Das Finnmarksrennen hat keine Etappen. Ohne Pause geht es vom Start zum Ziel. Natürlich werden Ruhepausen eingelegt und zwar an bestimmten Kontrollpunkten. Unter günstigsten Umständen brauchen die schnellsten dafür rund 5-einhalb Tage, die letzten kommen nach etwa 7 Tagen ins Ziel.

Das Rennen verlangt ihr sämtliche Energiereserven ab, doch zusätzlich fühlt sie sich nicht mehr sicher. Jemand scheint sie auch hier zu verfolgen – in der absoluten Einsamkeit, in der sie auf keine Hilfe von außen hoffen kann.

Nooras Lage spitzt sich immer weiter zu. Sie weiß nicht mehr, wem sie vertrauen kann. Die Situation spitzt sich dramatisch zu. Traumhafte Landschaftsschilderungen wechseln mit einem durch und durch bedrohlichen Szenario. Ein spannender Roman um Natur, Selbstfindung, Liebe und Gefahr.

 

Huskytouren in Ylläs ©Foto: Tarja Prüss
Huskytour in Ylläs ©Tarja Prüss – Tarjas Blog

Leben der Samen

Immer wieder gewährt die Autorin Einblicke in die samische Lebensweise. Über ihren Alltag, ihre Sichtweisen, ihre Verbundenheit mit der Natur und das Joiken.

„Leise brachen die ersten Joik Laute aus meiner Kehle. (…) So war es mit diesem samischen Gesang. Er kam einfach, wenn er wollte und man offen für ihn war.“ (S. 67)

Hautnah lässt Autorin Parker den Leser teilhaben an der zeitweise menschenfeindlichen Natur Lapplands, die kein Erbarmen kennt.

„Bereits jetzt waren meine Finger eisig und starr, sodass ich meine Arme kreisen ließ. Mit den Händen schlug ich mir gegen die ermüdeten Oberschenkel, um meine Blutzirkulation anzuregen. Vor der quälenden Kälte gab es kein Entkommen, das hatte ich bereits als Kind gelernt. Man musste sie aushalten, sie ertragen und sich ihr ergeben.“ (S. 375)

Husky mit Schnee im Gesicht ©Foto: Tarja Prüss | tarjas blog

Zur Autorin

Patricia Kay Parker wurde 1976 in Lahti im Süden von Finnland geboren. Sie ist Polizeihauptkommissarin und lebt mit ihrer Ehefrau und ihrer Tochter in einem alten bäuerlichen Anwesen im Odenwald in Hessen. Beide sind auch als Fotografinnen tätig.

In der Stille des Nordlichts

  • Konkursbuch Verlag Claudia Gehrke Tübingen
  • 451 Seiten mit einigen Bildern
  • 12,00 Euro
  • ISBN 978-3-88769-597-2
  • Auch als E-Book
  • Im Anhang findet sich ein kleiner Reiseführer zu den Schauplätzen der Handlung

2 Kommentare zu „In der Stille des Nordlichts“

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